Julia Camerons Buch „Der Weg des Künstlers“ hat mir Mut gemacht, den Weg zu gehen, der mich glücklich macht. Zu spät dafür ist es nie.
Bücher, die dein Leben verändern
Wissen Sie eigentlich wer Julia Cameron ist? Bis vor Kurzem wusste ich das auch nicht. Bis zu dem Tag, an dem mir meine Freundin Sophie von ihr erzählte. Julia Cameron ist vieles: Regisseurin, Drehbuchautorin, Musikerin. 1992 veröffentlicht Cameron ein bahnbrechendes Buch mit Namen „Der Weg des Künstlers“. Eine Anleitung zum Kreativ-Sein soll es sein, für mich wurde es viel mehr.
Ich bin das klassische DDR-Übergangskind. 1981 geboren, kam ich noch die ersten acht Jahre meines Lebens in den Genuss waschechter, autoritärer DDR-Erziehung. Fahnenappell, Halstuch und Altstoffsammlung, das volle Programm eben. Schon damals fand ich Freude an der Musik, nahm die alte Akustikgitarre meiner Eltern und sang noch wenige Tage vor dem Fall der Mauer lauthals sozialistisches Liedgut. Dass ich einmal als Kreative arbeiten würde, hätte ich mir nie träumen lassen.
Die Wendejahre kamen, Jahre voller Unsicherheit, ein Trauma. Viele Eltern meiner Freunde verloren ihre Arbeit, die Schulen wurden mit neuen Lehrern besetzt und meine beste Freundin Katharina zog auch noch weg. 1994 wechselte ich auf das örtliche Gymnasium. Ich war eine graue Maus, hochsensibel, fühlte mich nirgendwo zugehörig und lebte in meiner Welt aus Büchern und Filmen. Mit 14 Jahren schenkten mir meine Eltern ein Keyboard. Ich begann mich selbst zu unterrichten, spielte Songs aus dem Radio nach Gehör nach. Irgendwann entdeckte ich in der Schule einen alten Flügel und begann meine eigenen Stücke zu arrangieren.
Ein kreativer Beruf für mich?
Als es mit 18 an das Abitur ging, wusste ich nicht, wer ich war, was ich wollte. Die Schüler meines Jahrgangs fingen an, sich auf Ausbildungsstellen zu bewerben. Leben von der Musik? Daran hätte ich nicht einmal im Traum gedacht! Die Erfahrungen der Wende hatten mich gelehrt, dass das Wichtigste im Leben Sicherheit sei, der Bausparvertrag obligatorisch. In diesem Umfeld aus „man muss“ und „Was willst du denn nun machen?“ fand ich irgendwann in einer Schülerzeitung eine Annonce für einen neuen Bachelorstudiengang im Bereich Recht. Das sollte es sein. Schließlich waren auch meine Großeltern Juristen, so schlecht konnte das nicht sein. Das volle Jurastudium wollte ich nicht absolvieren, aber dieser Bachelor mit einer Prise BWL und Rhetorik erschien mir mit seinen drei Jahren doch ganz vernünftig.
Diagnose Burnout
Als ich im Oktober 2001 zum Studium an die Küste zog, merkte ich schnell, dass mein Studium das falsche war. Niemals hätte ich mich getraut abzubrechen. Ein Studium bricht man nicht einfach ab, dachte ich. Weihnachten 2001 verbrachte ich mit dem Lernen von 200 Karteikarten zur allgemeinen Betriebswirtschaftslehre. Ich fiel durch! Ohne die Kurse konnte ich den Bachelor vergessen. Ein Semester lang ließ ich mich treiben, ging von Party zu Party, erstarrte bei dem Gedanken eine Entscheidung treffen zu müssen. Fast ein dreiviertel Jahr lang hatte ich mein Klavier da nicht angerührt.
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Foto: Lacie Slezak I unsplash